Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde

Interview mit der Autorin Kerstin Ekman

"Mein Mann hat mir verboten, Auto zu fahren"

Kerstin Ekman spricht mit Peter Wennman vom Aftonbladet über Liza Marklund, Faschismus und das Nobelpreiskommitee

Alexandra Hagenguth hat den Artikel vom 25. September 1999 für uns übersetzt.
Kerstin Ekman
Kerstin Ekman
Eine gute Geschichte klopft nicht einfach so an die Tür. Im Gegenteil, sie kommt direkt zur Tür herein – unangemeldet, unerwartet, unmittelbar. Vorgestern stand Kerstin Ekman und quirlte zwei Eier, einen Deziliter Zucker und etwas Butter. Den Quirl hielt sie in der einen, die Schale in der anderen Hand... und plötzlich begab sich das Gehirn in das kleine Abenteuer, das Inspiration genannt wird. Kerstin schlug sich vor die Stirn und ließ natürlich die Schale los und weg war der Teig! Die Eier klebten am Radio, in den Kleidern und im Teppich. Eine gute Geschichte war gerade längs des Weges gekommen.

"So gedankenverloren kann ich sein. Mein Mann hat mir sogar verboten, Auto zu fahren", lacht sie. Der Kuchen wurde dennoch fertig und auf ihrem Wohnzimmertisch liegt ihr neuer Roman "Guds barmhärtighet" (Gottes Barmherzigkeit), der am 18. Oktober (1999) erscheint. "Gottes Barmherzigkeit" ist der erste Teil einer Triologie mit Namen "Vargskinnet" (Wolfsfell).


1963 erschien ihr letzter Kriminalroman, "Dödsklockan" (Todesuhr). Mit "Dödsklockan" war Kerstin auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als Queen of Crime. Gleichzeitig markierte dieser Roman den Wendepunkt für sie. Sie suchte neue Wege, die sie weiter, höher und tiefer in ihr Schriftstellertum führten.

"Dort wendete sich das Blatt. Ich war gezwungen, etwas anderes zu machen", sagt Kerstin selbst.

- Man kann vielleicht sagen, dass du die Liza Marklund der 50er Jahre warst.

- Haha... Ich weiß nicht, es war so anders damals. Heute kann man Krimis schreiben wie man lustig ist. Damals war man in den Genregrenzen gefangen. Das Milieu, die Umgebung, musste ein bestimmtes sein und es gab klare Regeln, an die man sich zu halten hatte. Ich erinnere mich, dass die Rezensenten sehr verwirrt waren, als "Dödsklockan" herauskam: Der Mörder kam frei! Das konnte man doch nicht machen. Kamen die Halunken schon im richtigen Leben davon, dann sollten sie wenigstens in den Romanen leiden.
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- Blonde Queens of Crime scheinen große Aufmerksamkeit zu wecken.

- Ja, das mit dem Blond kriegte man zu hören... und dann hieß es noch, man sei flink, lebendig und keck. Heutzutage geht es etwas härter zu. Ich habe Liza Marklunds Roman "Sprängaren" gelesen und ich fand ihn unglaublich spannend. Es hat Spaß gemacht, an diesem Abendzeitungsmilieu teilzuhaben.

- Jetzt wird sie stolz sein, da kannst du dir sicher sein.

- ...aber es gibt dort eine gewisse Plattheit in der Sprache, finde ich.

- Viele Bücher sind heute auf eine Art geschrieben als könne man es selbst machen. Aber wenn ich einen Roman von dir anfange zu lesen... Ich könnte NIEMALS deinen Prosastil nachahmen und versuchte ich es 100 Jahre.

- Nett, dass du das sagst. Und du weist auf etwas Wichtiges hin. Der literarische Stil ist immer journalistischer geworden. Das ist eine neue Mode.

- Jetzt sitzt du mit noch einem Buch von dir hier. Wie fühlst du dich, nachdem du dieses Kind geboren hast?

- Zu schreiben ist eine mühsame Arbeit. Müder Rücken. Viel Recherche. Dann, in der Schlussphase, sieht man nur die Fehler. Man jagt Fragmente, Kleinigkeiten. Und dann, eines Tages, hat man das Buch vor sich liegen, als GEGENSTAND mit Umschlag und allem. Erst da wird das alles greifbar. Und dann fühlt es sich... ja, angenehm, fühlt es sich dann an. In den ganzen 40 Jahren hat es sich immer gleich schön angefühlt, diesen Gegenstand in der Hand zu halten.

- Du hast fast alle Literaturpreise bekommen, die man bekommen kann, außer dem Nobelpreis.

- Preise bedeuten meistens Geld und das bedeutet, dass man es eine Zeit lang ruhig angehen lassen kann. Dann bewertet man sie nach denen, die in der Jury waren. "Oh, ich habe diesen Preis bekommen... Dann müssen sie mein Buch gelesen haben!"


Buchtipp
Camilla Läckberg - Die Eishexe: Kriminalroman (Ein Falck-Hedström-Krimi 10)
- Du hast die Schwedische Akademie nach dem Salman Rushdie-Streit 1998 verlassen. Steht dein Stuhl noch immer leer?

- Ja. Ich weiß nicht, wie lange er das noch tun wird. Aber ich finde wir sollten uns damit nicht aufhalten und darüber quatschen.

- Du hast im Nobelpreiskommitee gesessen, aber den Nobelpreis magst du nicht?

- Jetzt im nachhinein, wo ich nicht mehr damit zu tun habe, finde ich, dass das eine recht zweifelhafte Erscheinung ist. Eine Literatur-WM... und Leute, deren Leben dadurch beinahe zerstört wird. Künstlertum ist doch nicht vergleichbar. Was ist gut und was ist schlecht? Ich für meinen Teil bin nur froh, dass ich von meinem Schreiben leben kann, dass der Zufall mich zu dem gemacht hat, der ich bin. Wäre ich stattdessen eine kleine, unscheinbare "Poetisse" geworden, wäre es nicht gegangen.

- Aber jetzt verdienst du viel Geld.

- Ich bin sicherlich privilegiert. Meine Bücher verkaufen sich. Ich bin unerhört dankbar. Nimm z.B. ein Buch wie "Zum Leben erweckt", das war doch ganz schön schwer. Es sind fast fünf Romane in einem, aber selbst der hat sich verkauft.

- Es war schlimmer, als es noch die Pomperipossa-Steuer gab.

- Weiß Gott! Als ich "Springkällan" (Springquelle) schrieb, habe ich 94,7% Steuern bezahlt. Für zwei Jahre Arbeit habe ich 13.000 Kronen bekommen. Ich sage nur: Danke, Astrid Lindgren! Du warst absolut phänomenal in dieser Debatte!

- Ist es für eine 66-Jährige schwierig, erotische Szenen zu schreiben?

- Warum sollte es das? Ich habe mich so lange danach gesehnt, diesen Liebesakt unterm Tannenbaum in meinem neuen Buch zu schreiben... JETZT ist es viel spaßiger, über solche Sachen zu schreiben. Ich fand es gab viele, die während der Emanzipation der 60er Jahre einen zu hohen Preis bezahlt haben. Es gab Geschlechtskrankheiten, Klamydia und Sterilität und Elend.

- Nachdem dein Roman "Geschehnisse am Wasser" erschienen waren, hat der Massenmörder Thomas Quick Kontakt zu dir aufgenommen. Er wollte, dass du seine Biografie schreibst.

- Müssen wir darüber reden? Er ist eine so zutiefst tragische Person... einer dieser Psychopathen, die Publicity suchen. Er schickte mir ausführliches Hintergrundmaterial über ihn selbst. Ich habe es nicht gelesen und ich habe auch nicht vor, es zu lesen. Ich habe einen äußerst formellen Brief zurückgeschrieben. Im übrigen habe ich überhaupt nicht an diese Zeltmorde, für die er verurteilt wurde, gedacht, als ich das Buch schrieb. Vielleicht unbewusst. (...)

- Du engagierst dich stark in Fragen der Menschenrechte. Was sagst du zu den Entwicklungen im Kosovo 1999?

- Der Faschismus hat überlebt. Er hebt seinen Kopf nur unter anderem Namen. Milosevic ist im Grunde ein Faschist. Ich habe ein bisschen Angst vor dem, was um uns herum nun geschieht. Der Neo-Faschismus ist nicht die große politische Gefahr, denn den erkennen wir wieder, wir wissen ihn einzuordnen und was er repräsentiert. Das scheußliche sind Bewegungen, die sich anders nennen. Die unter einem Deckmantel daherkommen und sich bei uns einschmuggeln, wenn wir nicht darauf vorbereitet sind. Der Nazismus hat sich auch zu Beginn in Deutschland eingeschmuggelt – ich schreibe genau darüber in meinem neuen Roman – und dann ging es ganz schnell. Möge das nie wieder geschehen, dass unsere Warnsignale zu spät läuten.


Kerstin Ekman war nach Selma Lagerlöf und Elin Wägner die dritte Frau, die in die Schwedische Akademie gewählt wurde. Auf einer Fensterbank hat sie eine kleine Büste von Selma. Kerstin kitzelt sie vorsichtig und liebevoll an der Nase, aber ein Bild davon dürfen wir nicht machen. Es gibt Grenzen. Kerstin weiß ganz genau, wo sie verlaufen, sowohl in der Sprache als auch im Bild.
"Wenn es sich um meine Person handelt, dringst du niemals unter die Oberfläche vor", sagt sie.


Fünf Fragen über:

Ulf Lundell
- Er schreibt wohl eine Art Sprechsprache, genau wie Almqvist und Strindberg es seinerzeit getan haben. Aber ich kenne seine Prosa nicht so genau. Ich kenne ihn besser als Sänger.

Kreuzworträtsel
- Als ich klein war, terrorisierte ich meine Umgebung mit meinen Kreuzworträtseln, die andere für mich lösen sollten. Das mache ich auch noch im Erwachsenenalter, z.B. als ich im Krankenhaus lag. Ich habe eine Art Quadratmuster in meinem Gehirn.

Schulzeugnis
- Ja, ich weiß, dass ich für Ordnung ein B bekam. Ich ging aber nicht zu den Morgengebeten. (...)

Hausfrau
- Ich bin die letzte Hausfrau der Welt! Ich backe und mache den Haushalt jeden Tag.

Marianne Fredriksson
- Hat ein anderes Rezept als ich. Ihre Abenteuer liegen mehr in der Psychologie und dem Spiritualismus. Die Sprache ist nicht ganz mein Geschmack.
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